Der Alpenraum gehört zu den Regionen, in denen die Auswirkungen des Klimawandels frühzeitig sichtbar werden. Während sich die globale Durchschnittstemperatur seit den Aufzeichnungen von 1880 bis heute um etwa 1°C erhöht haben, sind diese regional, wie etwa in Österreich, mit 2°C doppelt so hoch gestiegen. Dieser Temperaturanstieg hat natürlicherweise einen Einfluss auf die Kryos- und Hydrosphäre in den Alpen. Die Dauer der Schneebedeckung hat sich in den letzten Jahrzehnten besonders in mittelhohen Lagen verkürzt und wird weiter abnehmen. Genauso haben alle vermessenen Gletscher in Österreich seit 1980 an Fläche und Volumen verloren. Außerdem wurden in den letzten Jahren in den Alpen zunehmend Extremwetterereignisse beobachtet, wie etwa Starkniederschläge und anhaltende Trockenperioden. Die Szenarien der Klimaforschung, die eine solche Entwicklung bereits prognostiziert hatten, werden zunehmend zur Realität. Ein deutliches Beispiel für diese Veränderungen war das Jahr 2018, das als extrem Trockenes in Erinnerung geblieben ist. Dieses Jahr zeigte deutlich, dass selbst alpine Gebiete, die traditionell als niederschlagsreich gelten und ausreichend mit Quellwasser versorgt werden, plötzlich mit Wasserknappheit konfrontiert sein können.
Auch das Große Walsertal ist von diesem Trend nicht ausgenommen. Aktuell befinden sich bis auf die Reste des Rote Wand Gletschers keine vergletscherten Gebiete mehr im Tal. Das Grundwasserregime im Großen Walsertal ist trotz der mäßigen Höhenlage größtenteils nival geprägt. Dies bedeutet, dass winterliche Niederschläge in Form von Schnee gespeichert werden und erst verzögert mit der Schneeschmelze auf den Abfluss auswirken. Zukünftig muss in alpinen Gebieten mit einer Verschiebung der saisonalen Abflusscharakteristika gerechnet werden. Auswertungen von Lebiedzinski & Fürst aus dem Jahr 2018 zeigen eine deutliche Zunahme pluvialer Einflüsse auf die bestimmenden Merkmale der Grundwasserregime. Somit wird die Quellschüttung im Winter aller Voraussicht nach zunehmen und im Sommer und Herbst deutlich geringer ausfallen. In der folgenden Abbildung ist die Veränderung der mittleren Abflüsse bei fehlendem Klimaschutz bis 2085 dargestellt. Die Wasserverfügbarkeit wird sich demnach entgegen unseres derzeitigen Wasserbedarfs entwickeln, was klare Anpassungen erfordert.
Veränderung mittlerer Abflüsse bis 2085 bei fehlendem Klimaschutz (Mülchi R. 2021)
Die empfohlenen Anpassungsmaßnahmen für Alpbesitzer und Bewirtschafter umfassen sowohl einfache als auch aufwändigere Schritte, die zur Sicherung der Wasserversorgung beitragen können. Zu den grundlegenden Maßnahmen zählt die regelmäßige Überprüfung und Wartung der Quellfassungen sowie der dazugehörigen Rohrleitungen. Auf diese Weise können potenzielle Lecks frühzeitig erkannt und behoben werden, um Wasserverluste zu vermeiden. Auch die Installation von Tränksystemen mit Schwimmern ist eine praktische Lösung, die sicherstellt, dass die Wasserversorgung für das Vieh effizient und sparsam erfolgt. In besonderen Fällen kann die Erschließung neuer Quellen oder der Bau von Wasserspeichern sinnvoll sein. Solche Maßnahmen erfordern jedoch zusätzliche fachliche Expertise sowie behördliche Genehmigungen. Darüber hinaus ist das Wissen über die Eigenheiten der genutzten Wasserquelle entscheidend, um frühzeitig auf bevorstehende Engpässe reagieren zu können.
Unser Klimawandelanpassungsbeauftragter hat im vergangenen Sommer auf verschiedenen Alpen im Biosphärenpark wiederkehrende Quellschüttungsmessungen durchgeführt. Aufgrund des niederschlagsreichen Frühlings und der durchschnittlichen Niederschläge über den Sommer hinweg gab es in diesem Jahr keine besonderen Auffälligkeiten. Klare Unterschiede zeigten sich jedoch im Abflussverhalten zwischen den nach Süden ausgerichteten Flyschhängen und den nach Norden ausgerichteten Kalkalpen. Der vollständige Bericht sowie weitere Handlungsempfehlungen sind auf der Website des Biosphärenparks unter der Rubrik Klimawandelanpassungsmodellregion verfügbar.
Bericht Wasserversorgung auf den Alpen (2.05 MB)