Obergeschoss

    Oberlaube

    In den Schaukästen sind Maße, Gewichte, Beleuchtungskörper, verschiedenste Bügeleisen und Schlösser früherer Zeiten zu sehen. Maße und Gewichte waren früher nicht einheitlich; jede Herrschaft hatte ihre eigenen Maßeinheiten. Diese in die heutigen Maße umzurechnen, gelingt nur ungenau und unvollständig. Maria Theresia versuchte 1768 durch die Einführung des „Wiener Maß und Gewicht“ Ordnung in dieses Wirrwarr zu bringen. Im Großen Walsertal war „Nürnberger Fuß“ ( = 0,3039 m) gebräuchlich. Seit 1875 gilt hier das metrische System.

    Ein Kotterstein versehen mit der Jahreszahl 1790 und einem eingemeißelten Hauszeichen wurde im Keller des Museums gefunden. Er stammt aus der Zeit, als das Haus als Gasthaus diente. Verdächtige Personen mussten vom Gastwirt bis zur Einvernahme festgehalten werden, indem ihnen ein solcher Stein ans Bein gebunden wurde.

    Schlafzimmer

    Das gewöhnlich in den Walserhäusern neben der Wohnstube befindliche Elternschlafzimmer wurde „Gaden“ genannt. Das sehr enge Doppelbett ist mit handgewobenem Bettzeug und einem Laubsack, anstelle einer Matratze, ausgestattet. Dieser wurde jährlich zweimal mit frischem, trockenem Buchenlaub gefüllt. In den Kästen sind Kleider und Bettwäsche untergebracht. Auf einem Tischchen steht eine Versehgarnitur, wie sie in den Familien früher für Todesfälle bereitgehalten wurde.

    Geschichtlicher Raum

    Die geräumige Stubenkammer gibt Einblick in die Besiedlungsgeschichte, in das Gerichtswesen und das Schrifttum des Großen Walsertales.

    Weiters erfahren wir über die frühere Volksheilkunde und über den Glauben an übersinnliche Dinge. Das „Doggi“ spielt hierin eine bedeutende Rolle. Es ist dem Volksglauben nach ein gespenstisches Wesen, das sich nachts den Kindern auf die Brust setzt und den Ziegen die Milch aussaugt. Um gegen diesen Alpkobold gefeit zu sein, wurde eine Ziege durch einen flachrunden, durchlöcherten Stein, den „Doggistein“, gemolken.

    Spinn- und Webstube

    In der niederen Kammer mit kleinen Schiebefensterchen und altem Getäfel ist eine Spinn- und Webstube eingerichtet. Hanf, Flachs und Schafwolle waren die Rohmaterialien zur Herstellung der Stoffe für Kleidung und Bettzeug. Hanf und Flachs wurden auch im Großen Walsertal angebaut. Auf jeder Landwirtschaft wurden einige Schafe für die Wollproduktion gehalten.

    Hanf und Flachs
    Nach der Aussaat im Mai und nach der Ernte im August wurden die Pflanzenstängel zunächst getrocknet und dann „geschleißt“, d.h. die Fasern wurden händisch oder mit einer „Grammel“ vom Stängel entfernt. Zur Verfeinerung wurden die Fasern durch die Hechel gezogen. Auf dem Spinnrad entstand dann gröberes oder feineres Garn, welches dann auf dem Webstuhl zu Stoff gewoben wurde.

    Schafwolle
    Nach der Schafschur im Frühling und im Herbst wird die Wolle gewaschen, getrocknet und mit einer Kardatsche zu feinem, spinnfertigem Wollflaum gestrichen. Auf dem Spinnrad entsteht Web- und Strickgarn. Gewobener Wollstoff wurde in heißem Wasser etwa eine Stunde lang gestampft bzw. gewalkt und gefilzt. Im Walsertal gab es wasserbetriebene Lodenwalken.

    Eine geheimnisvolle Öffnung
    In allen Walsergebieten findet man in alten Häusern, meist an der Firstseite in der Stube oder in der Kammer eine eigenartige Öffnung in der gestrickten Wand, die mit einem Schiebetürchen von innen verschlossen werden kann: das „Seelaloch“, der „Seelabalka“ oder der „Seelaklotz“ genannt. Nach vorchristlicher Vorstellung konnte die Seele nach dem Tod eines Familienmitgliedes nach dem Öffnen des Schiebers ungehindert den Raum und somit das Irdische verlassen. Nachdem der Leichnam aus dem Haus getragen worden war, wurde das Türchen wieder geschlossen, damit die bösen Geister nicht ins Haus eindringen konnten. Im Heimatmuseum finden wir ein solches Seelenloch im Elternschlafzimmer im Obergeschoß, weil unten ja eine Gaststube eingerichtet war. Warum die Öffnung nach Norden ausgerichtet ist und nicht wie üblich nach Süden, ist unklar.

    Brauchtumsraum

    Bürgermeisterschild aus Sonntag
    Die vielfältigen Bräuche der Walser brachten Abwechslung und Farbe in das einst eintönige Alltagsleben der Bauern. Alte Bräuche werden heute noch gepflegt, manche haben sich der Zeit angepasst, andere sind verschwunden und dafür auch wieder neue gekommen. Das Brauchtum zu untersuchen hat der Verwalter des Museums, VD Elmar Mäser, übernommen. Es werden in Fotos und in Modellen Bräuche aus dem Jahres- und Lebenslauf, aus dem Arbeitsjahr und solche zu besonderen Anlässen gezeigt. 

    Sakraler Gang
    Das religiöse Leben der Bewohner des Großen Walsertales war sehr intensiv. Entsprechend reichhaltig waren auch die sakralen Gegenstände im Haushalt: Rosenkränze, Taufkleidchen, Kerzenrodel, Sterbekreuzlein, Gebetbücher, Heiligenlegenden sowie volksreligiöse Schmuckgegenstände. Für Kinder gab es Sakralgegenstände in Miniatur: Altärchen, Monstranzen, Kelche und Kerzenleuchter. Sie konnten damit zu Hause das Geschehen in der Kirche in spielerischer Form nachvollziehen. 

    Walserschule

    Bedingt durch ihre Freiheit, war den Walsern auch die Verwaltung des Schulwesens überantwortet. Die meisten Schulen im Großen Walsertal entstanden schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts, also bevor in Österreich die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde. Die Lehrer waren talentierte Bauern. Unter der Aufsicht der Pfarrerherren unterrichteten sie Rechnen, Schreiben und Lesen. Religion als Hauptfach wurde von den Priestern selbst unterrichtet. Oft war der Lehrer auch Mesner, oder umgekehrt. Die karge Entlohnung des „Schualmaisters“ erfolgte durch die Eltern der Schüler. Schulstiftungen von Privatpersonen brachten eine spürbare Verbesserung in das Schulwesen.

    Maria Theresia führte 1774 die allgemeine sechsjährige Schulpflicht ein. Das Reichsvolksschulgesetz von 1869 brachte die achtjährige Schulpflicht und regelte die Lehrerbesoldung. Im Großen Walsertal gab es 17 Orts- und Nebenschulen. Zahlreiche Kleinstschulen wurden inzwischen aufgelassen. !987 konnte in Blons eine taleigene Hauptschule eröffnet werden.

    In der Walser Mundart sind noch viele Elemente aus dem Hoch-Allemanischen erhalten. Interessierte melden sich beim Museumswärter. Von einem im Lehrerpult eingebauten Tonbandgerät können Mundartproben abgehört werden.

    Alpstube und Kammer

    Wir unterscheiden im Großen Walsertal zwischen Gemeinschaftsalpen und Privatalpen. Die Anfänge der Großalpen reichen in vorwalserische Zeit zurück; romanische Namen weisen darauf hin: Laguz, Klesenza, Partnom, Steris, Sera, Plansott, Alpila. Kleinere Alpen, die deutsche Namen tragen, wurden von den Walsern urbar gemacht: Bärenalpe, Bödmen, Rindereralpe, Metzgertobel, Gaden.

    In den Gemeinschaftsalpen entstanden Alpdörfer, wobei jeder Bauer seine eigene Hütte mit Wohnräumen, Keller und angebautem Stall hatte. Die Alprechte der Grundherren gingen im ausgehenden Mittelalter in den Besitz der Bürger über. Rechte und Pflichten wurden in Alpbriefen festgehalten.

    Vortragsraum

    In diesem an der Nordseite gelegenen Raum finden etwa 30 Personen Platz. Dort wurde eine Dia-Schau installiert. Gelegentlich werden hier auch Fachvorträge und Sonderausstellungen angeboten.